Wir zählen inzwischen die elfte Ausgabe von „Content & Verzweiflung“ – sind aber längst nicht die einzigen, die einen Newsletter verschicken. Im Gegenteil: Newsletter erleben seit einigen Jahren ein erfolgreiches Comeback und bieten insbesondere für Verlage und Content-Produzent*innen große Chancen. Plus: Die fünf Lieblingsnewsletter der Redaktion
Text: Sabrina Waffenschmidt
Vor einigen Jahren noch, waren Newsletter ziemlich oldschool. Sie haben genervt und waren meist Resultat eines unbedacht gesetzten Häkchens beim Bestellvorgang online. Einst gestartet, um Werbung für Produkte zu machen, gibt es inzwischen eine Vielzahl an Newsletter, die selbst Produkt sind. Mehr noch sogar: eine Marke.
Das bietet insbesondere für Verlage und Content-Produzent*innen eine Chance. Der Newsletter stärkt nicht nur die Bindung der Leser*innen an die Zeitungs- oder Zeitschriftenmarke, sondern lässt sich selbst vermarkten. Und so erlebt das vergleichsweise alte Medium (die erste E-Mail wurde 1971 verschickt) in den letzten Jahren ein erfolgreiches Comeback.
Die Washington Post etwa hat 2014 ihr Newsletter-Angebot ausgebaut, nachdem Facebook seinen Algorithmus verändert hatte. Heute verschickt sie 75 verschiedene Newsletter. Die New York Times hat 63 Newsletter mit insgesamt über 14 Millionen Abonnenten, das Wall Street Journal 51. Auch in Deutschland haben Medienunternehmen mittlerweile eine beträchtliche Anzahl von Newslettern: Die Zeit hat 27, die FAZ 18, die Welt 17, die Süddeutsche Zeitung 15 und der Spiegel 14. Einer der erfolgreichsten Newsletter hierzulande ist der von Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt geschriebene Newsletter Checkpoint. Er zählt über 100.000 Abonnenten, gewann 2015 den Grimme Online Award – und macht, so Maroldt, inzwischen „richtig gut Geld“.
Man fragt sich dennoch: Ist der Newsletter angesichts der Dominanz der sozialen Netzwerke nicht völlig aus der Zeit gefallen? Nein! Denn während der Weg eines bei Facebook, Instagram oder Twitter geteilten Artikels unvorhersehbar ist, landet der Newsletter direkt bei dem*der interessierten Leser*in. Das ist auch für Werbekund*innen interessant. Mit Newslettern lässt sich Journalismus personalisieren. Er wird zum morgendlichen oder abendlichen Ritual – wie einst das Zeitunglesen. Und nicht zuletzt ist er einfach. Weder Versender*innen noch Empfänger*innen brauchen neue Technologien, Funktionen oder Apps.
All das haben auch wir erkannt. Und das schöne ist ja: Auch für eine kleine Content-Marketing-Agentur, wie wir es sind, ist der Newsletter ein Werkzeug, mit dem wir die Dinge, die uns wichtig sind persönlich an die Leute bringen. Und hier kommen unsere eigenen fünf Newsletter-Lieblinge:
NZZ am Morgen / NZZ am Abend
Fast die gesamte Redaktion hat die beiden Newsletter der Neuen Züricher Zeitung abonniert – schuld daran ist sicherlich unser Chefredakteur Michael Hopp, der großer Fan des Newsletters ist und uns damit angesteckt hat. NZZ am Morgen zeigt allmorgendlich „was heute wichtig ist“ und NZZ am Abend gibt einen zweiten kompakten Nachrichten-Überblick zum Feierabend. Was auch schön ist: Die Schweizer Kollegen haben oft nochmal eine andere Perspektive auf deutsche Themen.
DIE ZEIT: Elbvertiefung
Ein Newsletter für alle Hamburger*innen: Für einige von uns hier in der Redaktion beginnt kaum ein Morgen ohne den von Elbvertiefung-Herausgeber Mark Spörrle zusammengestellten Überblick über all das, was in Hamburg gerade läuft – oder eben nicht läuft. Neben politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Diskussionen, gibt es in jeder Ausgabe auch Gastronomie- und Veranstaltungstipps. Lieblingsrubriken: der „Hamburger Schnack“ und das Wetter.
Ann Friedman
Ann Friedman ist eine Journalistin aus Los Angeles und vor allem bekannt für ihre Beiträge zu Gender, Politik und Gesellschaft, u.a. für New York Magazine, Los Angeles Times und Gentlewoman. Immer freitags versammelt sie hier viele großartige Links der Dinge, die sie in dieser Woche gelesen, geschaut, gehört oder sogar unterstützt hat. Smart, unterhaltsam und mit der oft unbequemen aber wichtigen Prise Realität
Hanseplatte-Newsletter
Die schlechte Nachricht zuerst: Diesen Newsletter gibt es gar nicht mehr. Die gute: Die gesammelten und großartigen Newslettertexte von Gereon Klug alias Hans E. Platte gibt es als Buch unter dem Titel „Low Fidelity – Hans E. Plattes Briefe gegen den Mainstream“. Und die alten Texte sind, wenn auch nicht mehr aktuell, dennoch genial unterhaltsame Auseinandersetzungen mit Musik und viel mehr noch dem ganz normalen Wahnsinn unserer Welt.
Online Marketing Rockstars
Wer sich für digitales Marketing interessiert, kommt am Newsletter der OMR nicht vorbei. Jeden Tag haut die Agentur einen Newsletter raus mit dem Fokus auf einen großen, gut recherchierten Artikel aus der Online-Marketing-Welt. Gründer Philipp Westermeyer war übrigens in unserem Content House Salon #6 zu Gast und sprach über seine Arbeit.

