Nach BARBARA & Co. legt G+J ein weiteres Personality-Magazin vor. Aber ein ziemlich besonderes. BOA in der Blattkritik
Text: Heinz-Jürgen KöhlerBARBARA, JWD., DR. v. HIRSCHHAUSENS STERN GESUND LEBEN, GUIDO: Gruner + Jahr ist auf dem Personality-Tripp. Magazine tragen die Namen von Prominenten und erzählen – wie authentisch auch immer – aus deren Welt. Neu in diesem Kreis ist nun eine Stilikone unter den deutschen Fußballern: der Innenverteidiger des FC Bayern und der Nationalmannschaft und Weltmeister Jérôme Boateng. Markenhaft abgekürzt als BOA.
Und was erfährt man aus BOAs Welt? Mit Style und Haltung ließe sich das Programm der ersten Ausgabe ziemlich genau umreißen. Das Heft wirkt elegant und hochwertig und blättert sich gut. Ohne Frage toll der Titel, im Heft sind die Protagonisten des Heftes in transparentem Relief gedruckt, was viel hermacht. Drinnen geht es in mehreren Mode- und Accessoires-Strecken um Dinge, die Boateng mag. Das reicht vom Poster für 5 Euro bis zur 29.000-Euro-Uhr. Braucht man das? Na ja, immerhin gibt’s auch eine Prise Ironie, wenn etwa ein wasserdichter und damit Jacuzzi-geeigneter Brustbeutel empfohlen wird.

Ehrenrettung von Kanye West
Dazwischen stehen tadellose journalistische Geschichten, etwa Porträts der Sprayer-Crew 1UP oder des Rappers Shindy oder ein Interview mit den Hauptdarstellern der Serie „4 Blocks“. Mehr oder weniger explizit geht es dabei immer auch um Offenheit und Diversity der Gesellschaft. „Deutschland ist cooler“ verspricht die Titelzeile, und löst das – vom unsinnigen Komparativ abgesehen – auch ein. Ein wirklich tolles Stück zu dem Thema ist das große Gespräch zwischen Boateng und Herbert Grönemeyer. Die anschließende Strecke von 30 Menschen unter 30, die „uns“ Hoffnung machen, wirkt dagegen wenig durchdacht.
Ein sehr glückliches Händchen beweist das Heft, das bei der G+J-Content-Marketing-Tochter Territory erscheint, bei kleineren Formaten. Vielfach gibt es große Headlines, Vorspänne und wenig oder gar keinen weiteren Text. Doppelseitige Stück in der Auftraktstrecke etwa setzen massiv auf das Vorwissen der Leser und laden auf verschmitzte Art ein, die Lücke zu füllen. Dadurch gibt es dann in einem Falle etwa eine schöne Ehrenrettung des egomanen Wirrkopfes, aber eben auch genialen Sound-Bastlers Kanye West.
Der Satz der Stunde gehört Grönemeyer: „Diktaturen gibt es umsonst. Demokratie und Freiheit zu verteidigen, das kostet extrem viel Kraft.“ Engagierte Töne in einem Heft, das den Spagat zwischen Leicht und Schwer gut schafft. Was nur fehlt, sind die musikalischen Vorlieben des angeblichen DJs der Nationalmannschaft. Aber die gibt’s vielleicht im nächsten Heft. Ich werd’s kaufen.

