Der erste digitale Blattkritik Salon, in dem nicht geblättert, sondern an die Wand geguckt wurde, zeigte das faszinierende Thema des Daten-getriebenen Journalismus an fünf denkbar unterschiedlichen Projekten – und diskutierte, was die Arbeit mit Daten für Journalisten und Redakteure bedeutet
Infografik, das war einmal – heute sprechen wir von Datenjournalismus, erklärte Gastgeber Michael Hopp bei seiner Begrüßung. Natürlich kommen, wenn man sich mal Richtung Datenjournalismus aufmacht, irgendwo auch Infografiken raus – aber in Wirklichkeit bedeutet Datenjournalismus viel mehr. Was früher die Entscheidung zwischen Balkendiagramm und Torte war, ist heute Storytelling mit Daten und Zahlen, nach dem Motto: Wenn aus Daten Storys werden. Das Ergebnis, ist Hopp überzeugt, werde immer dem reinen Text überlegen sein, vor allem dann, wenn es nicht mehr auf großen Zeitungsseiten, sondern auf den kleinen Screens von Phones oder Tablets rezipiert werde.
Die Art-Direktoren Lo Breier und Markus Nowak sowie Hopp bildeten die Jury, die die Arbeiten bewertete.
Eine neue Art von Onlinemagazin präsentierte Julia Köberlein mit Der Kontext, das in einer ausgeklügelten Leserführung politische Themen wie TTIP oder die Energiewende aufarbeitet. Große interaktive Infografiken erstellt das Team von Sascha Venohr bei Zeit Online. Der „Head of Data” stellte unter anderem ein Feature über das Pendeln in Deutschland vor. Datenjournalisten bräuchten nicht nur ein gutes technisches Verständnis, sie müssten auch partnerschaftlich mit technischen Experten zusammenarbeiten, betonte Venohr. „Wir haben die Programmierer aus dem Keller geholt und mit in die Autorenzeile genommen”, so Venohr.
„In der Poesie der Zahlen liegt die Wahrheit.” Markus Nowak Info- und Datengrafik in hoher Vielfalt zeigte Jan Schwochow mit Golden Section Graphics beim Projekt „Here I Stand” zum Luther-Jahr. „Infografiken sind sehr alt, sie gehen zurück bis auf die Höhlenmalereien”, sagte Schwochow. Er sieht die Zukunft von klassischen Infografiken nicht bedroht: „Sie werden bleiben.” Print oder Online, das ist für ihn nicht die Frage. Zum gleichen Ergebnis kam Art-Direktor Andreas Volleritsch, der mit seiner Agentur Neubau Editorial Design gerade ein Infografik-Buch erstellt hatte. Sein Anspruch: „Die Grafiken sollen möglichst klar und einfach sein.” Damit eignen sie sich auch für alle Medienkanäle.
Technisch besonders anspruchsvolle Projekte schließlich betreibt Datenjournalist Marco Maas mit seiner preisgekrönten Agentur OpenDataCity. Er zeigte unter anderem eine Darstellung der Bewegungsprofile der Teilnehmer der Internet-Konferenz Republica, die aus den Daten der WLAN-Hotspots generiert wurden, oder die Gegenüberstellung der Datenbestände von Stasi und NSA, dargestellt anhand des Platzbedarfs von Aktenschränken.
„In der Poesie der Zahlen liegt die Wahrheit.” sagt Markus Nowak, der an diesem Abend als Jurymitglied fungierte
Julia Körberlein, Chefredakteurin von Der Kontext, präsentiert die ausgeklügelte Leserführung des Onlinemagazins
Beim Thema Datenjournalismus wird nicht in Magazine, sondern an die Wand gestarrt
Sascha Venohr, Head of Data Journalism bei Zeit Online, hat die Programmierer aus dem Keller in die Autorenzeile genommen