Mikroorganismen im Weltall
„Der Mensch nimmt seine Mikroben mit“

Der SpaceX-Gründer Elon Musk hat eine erste bemannte Marsmission für das Jahr 2030 anberaumt und auch viele Raumfahrtnationen verfolgen dieses Ziel. Fast drei Jahre würde ein solcher „Ausflug“ dauern – also wesentlich länger als ein Mensch jemals zuvor von seinem Heimatplaneten getrennt war. Bei der Vorbereitung darf eines nicht vergessen werden: „Wo der Mensch hingeht, gehen seine Mikroben mit“, bringt es Prof. Dr. Ralf Möller, der am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln die Forschungsgruppe Weltraummikrobiologie leitet, auf den Punkt. „Wir haben etwa zehnmal mehr Mikroorganismen in und um uns als eigene Zellen“, erklärt er. „Für die Gesundheit von Raumfahrern sind Kenntnisse über Mikrobiomveränderungen im Weltall daher essenziell.“

Um die Weltalltauglichkeit von Mikroorganismen zu testen, haben Möller, sein Team und das Ames Research Center der NASA im September 2019 einen ganzen Mikrobenzoo auf eine Höhe von 30 Kilometern über Normalnull in die Stratosphäre geschickt. „In der Stratosphäre ähneln Temperatur, Atmosphäre, Strahlung und Druck eher den Bedingungen auf dem Mars“, erklärt der Weltraummikrobiologe. Das Ergebnis: Ein Großteil der Bakterien überlebte die Reise nicht. Vor allem die starke UV-Strahlung machte den Mikroben zu schaffen.

60 Tage Schwerelosigkeit im Test

Aktuell erforscht Professor Möller im Rahmen sogenannter Bettruhestudien auf der Erde, wie sich Mikrobiome gesunder Proband*innen unter Weltraumbedingungen verändern. Die Studien dauern bis zu 90 Tagen und Teilnehmer*innen werden währenddessen standardisiert ernährt und stehen für 60 Tage gar nicht aus ihrer 6 Grad-Kopftieflage auf. Dies verursacht ähnliche körperliche Reaktionen wie bei Astronauten in der Schwerelosigkeit: „Wir haben regelmäßig Abstriche von der Haut und Stuhlproben der Teilnehmer*innen genommen, um uns die Zusammensetzung und Aktivität der Mikroorganismen in Veränderung zu den Weltraumbedingungen wie simulierte Schwerelosigkeit anzuschauen“, erklärt Möller. „Ob es spezielle Pflegeprodukte oder eine besondere Ernährung für Raumfahrer braucht, um einem Ungleichgewicht an Mikroorganismen vorzubeugen, werden wir noch klären“, sagt er.

Die Forscher*innen untersuchen auch, wie veränderte Mikrobiome im Weltall die Wirkung von Arzneien beeinflussen können und welche individuellen Therapieoptionen sich daraus ergeben. „Man kann eine Vielzahl an Mikroorganismen auch für die Produktion von wichtigen Biostoffen nutzen, da einige beispielsweise organische Säuren oder Antibiotika herstellen können, was im Weltraum von großem Nutzen wäre“, erklärt Prof. Möller. „Fraglich ist aber noch, ob sich die Stoffwechselleistung dieser Mikroben in der Schwerelosigkeit verändert.“ Die Forschungen von Prof. Möller und seiner Arbeitsgruppe sind nicht zuletzt auch für das Leben auf der Erde relevant. Denn der Klimawandel bringt veränderte Lebensbedingungen wie eine erhöhte UV-Strahlung oder extremere Temperaturen mit sich, die sich in ähnlicher Weise auf unser Zusammenleben mit Mikroorganismen auswirken können, wie es für Aufenthalte im Weltraum bereits nachgewiesen ist.

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