3. November 2017
Schorsch Kamerun im Content House

 „Ich glaube an das Superkomplexe“ – Schorsch Kamerun will komplexere Formen. Für den Protest und wenn’s sein muss auch für die Werbung. Sein Credo: Lieber mal das Melancholische zeigen als das Grelle – auch in der Kommunikation

Schorsch Kamerun war im Content House. Der Autor, Theaterregisseur, Betreiber des Golden Pudel Clubs und Sänger der Goldenen Zitronen sprach mit dem Creative Director Robert Andersen von der Agentur Leo Burnett, über Werbung, Punk und Melancholie.
Anlass war der Launch des Bookazines ON, das Hopp und Frenz zusammen mit ringzwei für den Gesamtverband der Kommunikationsagenturen GWA produziert hat. Das Bookazine, das fortan zweimal im Jahr erscheinen wird, löst das Jahrbuch ab, das der Verband seit 1987 herausgibt, sowie das GWA Effie Buch. Mirko Hecker, Geschäftsführer des GWA, wies einleitend darauf hin, dass die Goldenen Zitronen im selben Jahr ihr Debütalbum Porsche, Genscher, Hallo HSV veröffentlicht haben. Das kann kein Zufall sein, will man meinen. Der Titel klingt, wie vieles der Zitronen, selbst wie ein Slogan. Kein Wunder, dass Kamerun Angebote aus der Branche bekommen hat. Doch die hat der Kapitalismuskritiker immer abgelehnt. Er hasst die Werbung und steht ihr formal dennoch ziemlich nahe.
Im Gespräch mit Robert Andersen – Werber durch und durch und Fan der Goldenen Zitronen – bewies Kamerun sein Talent, Claims rauszuhauen. Immer ironisch gebrochen. Immer in Distanz zur zermürbenden Widersprüchlichkeit der Gegenwart. Und sehr erhellend. Doch seht selbst!

Schorsch Kamerun unterbrach das Interview mit drei Songs. Die Menschen von Kiel performte Schorsch Kamerun im Content House zum ersten Mal ohne seinen Freund Rocko Schamoni, dafür mit einer Xylophon-App.

Anschließend rezitierte er aus seinem Roman Jugend ist die schönste Zeit des Lebens Scooter-Texte auf Deutsch: „Sexzwerg. Ich schwirre.“ Total Dada! Und gleichermaßen ein Beweis für Kameruns liebstes Thema: Die Zeichen haben ihre Bedeutung verloren, sind beliebig geworden. Will man nicht populistisch vereinfachen braucht es neue, nachdenklichere Formen, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Das gilt für die Werbung wie für den Protest – zwei Dinge, die sich in vielen Aspekten ähnlicher sind, als es Schorsch Kamerun lieb ist.

Die Grafikdesignerin und Illustratorin Ania Groß bildet in ihrer Sketchnote die Vielschichtigkeit des Abends ab. Passend zur Sichtweise von Schorsch Kamerun: „Werbung hat, glaube ich, alle Chancen weiterhin. So wie Protest auch alle Chancen hat. Man muss sich nur bereit erklären, auch mal was zu ändern. Weil die alten Formen sind nun mal durch. Da muss man was ganz Anderes finden. Aber das will ich jetzt nicht weiter beweisen. Sonst klaut ihr mir das.“

Schorsch Kamerun im Content House
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