26. März 2020
„Online verlangt geradezu nach Premium-Content“

Online und speziell Social Media haben die Bedeutung von Video im Marketing erhöht. Das bietet auch riesige Chancen für Premium Content, ist Videoproducer Jan Erik Stahl überzeugt. Ab sofort verstärkt Stahl uns im Hopp und Frenz Content House

Text: Michael Hopp, Sabrina Waffenschmidt

Social Media bringt ganz neue Möglichkeiten fürs Bewegtbild. Sagt Jan Erik Stahl, der neue Videoproducer von HuF. Er hat Film und Theaterwissenschaft studiert, Spielfilme, Dokumentationen, klassische Werbespots, aber auch Liveshows inszeniert und Unternehmen beim Aufbau ihrer Medienkommunikation beraten. Seit beinahe 20 Jahren ist er Mitglied der Spielleitung der berühmten Karl-May-Spiele in Bad Segeberg. Die Inszenierung, der lange Film, das große Stück – hier ist er in seinem Element. Und dennoch: „Social Media hat die Bedeutung von Video im Marketing und in der klassischen Kommunikation nachhaltig erhöht. Das birgt riesige Chancen für Filmemacher*innen – und für Premium Content“, weiß Stahl.

Bewegtbild war in der Kommunikation immer Königsdisziplin. Es erfordert die Koordination unterschiedlicher Gewerke und dementsprechend große Budgets. Inzwischen können aber kleine, professionelle Videos einfach mit dem Handy gedreht werden. Und Marketing- und Kommunikationsabteilungen haben entdeckt, dass man schon mit schmalen Mitteln in der Königsdisziplin mitspielen kann. Das hat eine neue Dynamik hervorgebracht. Jede*r ist inzwischen Content Creator, und Video ist ein wahnsinnig attraktives Werbemittel geworden, dessen Wirkung darüber hinaus auch noch messbar ist. „Das ist der Hauptgrund, warum Etats heutzutage anders aufgeteilt werden“, glaubt Jan Erik Stahl. „Sowohl in der klassischen Werbung als auch in der Kommunikation werden die ganz großen Budgets in kleinere gesplittet – und Social Media bekommt einen ordentlichen Teil.“

Einfache Formate bleiben ewig

Als journalistisch geprägte Content-Marketing-Agentur produzieren wir bei HuF vor allem qualitativ hochwertigen Premium Content, der mit höheren Aufwänden verbunden ist. Das Dilemma: Das macht ihn relevanter, aber gleichzeitig auch teurer. Und von Kunden wird er nicht immer als notwendig erkannt. Dieses Dilemma gilt für Text genauso wie für Video. Idealerweise ergänzen sich die unterschiedlichen Formate und Qualitätsstufen. Im besten Fall liefern wir also Premium-Content, der im Bereich Video ausschnittweise von Social Media Snippets flankiert wird, sodass die kleinen Formate auf das große Format einzahlen.

Producer Jan Erik Stahl nimmt ironischerweise aber oft das Gegenteil wahr: „Premium-Spots, die wir vor einem Jahr gedreht habe und deren Buy-outs abgelaufen sind, werde ich im Internet nicht mehr finden. Aber die kleinen Formate, die wir mit einfachen Mitteln produziert haben, die findet man ewig.“ Weil oft keine Rechte daran hängen, weil sie besser in den Social-Media-Kontext eingebunden sind und weil sie besser verschlagwortet sind. So passiert es, dass hoch budgetierte Leuchtturmprojekte nach einer gewissen Zeit verglühen, wie sie es immer getan haben (das müssen sie auch, weil sie nicht anders finanzierbar wären), aber die flankierende Kommunikation, die kleinen Videos, die Chance haben, zu überdauern und zu echten Klassikern oder gar Kult zu werden. „Steuern kann man das allerdings nicht“, so Stahl.

Premium in der DNA

Entgegen dieser Beobachtung gibt es aber vielfach die Ansicht, dass Content, der für Online produziert wird, qualitativ weniger hochwertig sein muss oder nur sein kann, weil man sich den Premium Content gar nicht mehr leisten kann und er ohnehin schnell vergessen wird. Viele tendieren also dazu, ihre Ansprüche bei für Online und Social Media produziertem Content runterzuschrauben. Doch die Videos, die mal schnell produziert werden, sind eben auch die, die oft sehr lange im Netz bestehen. „Das heißt für mich: Es ist ein großer Vorteil, wenn man Premium in der DNA hat und es gewohnt ist, qualitativen Content zu liefern – und dann eben in eine verknappte Form wechselt, die man auch schneller präsentieren kann“, findet Stahl.

Doch Budgets sind nicht der einzige Aspekt, wenn es um Content im Internet geht. Denn gleichzeitig gibt es vieldiskutierte Aufmerksamkeitsregeln und es stellt sich die Frage: Wie umfangreich darf ein Content sein und wie muss er aufgebaut sein, dass User ihn innerhalb kürzester Zeit als interessant erachten und nicht wegklicken? „Diese Überlegung ist richtig und wichtig, deshalb machen kurze Snippets auch Sinn. Die vielleicht noch wichtigere Frage aber ist, wie diese Snippets eingebunden sind und wer überhaupt zu ihnen gelangt“, so Stahl.

Online auch für Langformate

Man solle diese Regeln etwas freier sehen, appelliert Jan Erik Stahl: „Es kann auch blockieren, dieses Content-Korsett mit Herangehensweisen wie Content First, das die Effizienz erhöhen soll, das wir selbst ausgeben, aber Kunden auch verlangen.“ Eigentlich biete Online eine Plattform für Langformate, so Stahl. „Denn: Wie konsumiert denn der User online? Der schaut in einer Nacht Netflix-Serien von einer Zeitdauer durch, die er niemals im Kino verbringen würde.“ Bei klassischer Werbung müsse man im TV in 30 Sekunden durch sein mit der Geschichte, aber bei einer gut gemachten YouTube Pre-Roll können ohne weiteres auch Längen von 60, 90 oder 120 Sekunden vorkommen. „Genauso ist es bei Texten. Während in Print die Seite unten zu Ende ist, kann ich online noch weiter schreiben. Das heißt: Ich finde es völlig falsch, Online als Marktplatz für Snippets und Kurzformate zu begreifen. Die sind für mich Derivate aus deutlich größeren Freiheiten, nämlich bewusst längeren Formaten, die stärker in die Tiefe gehen. Das sieht man auch bei Audio-Formaten wie Podcast sehr gut. Für mich verlangt Online geradezu nach auf Premium-Content.“

„Online verlangt geradezu nach Premium-Content“

Über Jan Erik Stahl

Bei seiner Arbeit lässt Jan Erik Stahl sich nicht gerne auf ein Medium oder ein Genre festlegen. Er hat Spielfilme, Dokumentation und viele „klassische“ Werbespots produziert, aber auch Liveshows inszeniert und Unternehmen beim Aufbau ihrer eigenen Medienkommunikation beraten. Bis vor wenigen Jahren was das interdisziplinäre Arbeiten in den Medien eher die Ausnahme. Werber drehten keine Spielfilme, Livestreams waren noch kein Bestandteil der Unternehmenskommunikation und Events kein Faktor der sozialen Medien. Heute ist Kommunikation immer multimedial und Generalisten sind überaus gefragt.

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